Wer ein halbes Jahr lang sein ganzes Leben auf dem Rücken mit sich herumträgt und dabei nebenbei mehr als 4.000 km läuft, der sollte den einen oder anderen Gedanken auf seine Gepäckwahl verwenden. Gleichzeitig laufen wahrscheinlich mindestens dreiviertel aller angehenden Thru-Hiker Gefahr, viel zu viel Zeit, Gedanken, Nerven und ja, auch Geld, auf die Packliste und das Grammzählen zu verwenden. Natürlich gehöre auch ich dazu – schließlich ist die Ausrüstung fast das einzige, was während der winterlichen Wartezeit auf den Start so richtig schön konkret ist. (Abgesehen vom Trainieren, aber… nun ja… also… ähm… dazu später… vielleicht…)
Das Grammzählen ist in Deutschland leider extra-schwer, denn hier scheint es noch keinen profitablen Markt für Ultraleicht-Ausrüstung zu geben. Die meisten Anbieter hierfür sind kleine Garagen-Anbieter in den USA. Oftmals selbst frühere Thru-Hiker, die danach genau wussten, was der Thru-Hiker wirklich braucht. In den wenigen Fällen, wo man solcherlei Dinge überhaupt bei uns bestellen kann, zahlt man dank Steuern und Zollgebühren exorbitante Preise dafür. Und kann mangels Ladengeschäften auch nicht mal eben verschiedene Modelle ausprobieren, bevor man etwas kauft. So verwundert es nicht, dass einem die Frage der Packliste durchaus graue Haare wachsen lassen kann.
Aber was bedeutet Ultraleicht überhaupt? Nun, Ultraleicht ist, wenn man sein sogenanntes Basisgewicht auf maximal 5kg reduziert hat. Zum Basisgewicht zählt alles, was man nicht am Körper trägt oder verkonsumiert. Also praktisch alles auf dem Rücken außer Essen, Trinken und Brennstoff. Und Zahnpasta vielleicht, wenn man es ganz genau nehmen will ;)
Den größten Teil des Basisgewichts machen in den meisten Fällen die sogenannten Big 3 aus – das ist das Zelt, der Rucksack und das Schlafsystem, also meistens Schlafsack & Isomatte. Schafft man es also, hier aufs Gewicht zu achten, ist man dem Ultraleicht schon ein gutes Stück näher gekommen.
Der Sinn und Zweck von Ultraleicht liegt zum Teil natürlich auf der Hand: man muss einfach weniger schleppen und das Wandern macht mehr Spaß. Was nicht direkt auf der Hand liegt, ist die Gewichtsspirale, die man damit in Gang setzt: weniger Gepäck bedeutet, dass man schneller und weiter wandern kann. Das wiederum bedeutet, dass man die gleiche Strecke in weniger Etappen absolviert. Das wiederum bedeutet, dass man für die gleiche Strecke weniger Verpflegung benötigt. Das wiederum bedeutet weniger Gewicht. Und so weiter…
Natürlich hat auch Ultraleicht Grenzen. Für manche sind die bereits bei einem bestimmten Maß an Komfort-Einbußen erreicht, für andere setzt das verfügbare Budget Grenzen (bei Ultraleicht gilt leider oft: weniger kostet mehr). Generell ist die Grenze erreicht, wenn man an der Schwelle von „ultralight“ zu „stupid light“ steht und für das geringere Gewicht seine Gesundheit riskiert oder gar sein Leben aufs Spiel setzt.
Wie ist das nun bei mir? Tja… ich wiege, vergleiche und grammzähle weiter. Schon, weil es zwar für graue Haare sorgt, aber irgendwie auch Spaß macht. Wen es genauer interessiert: hier meine – inzwischen einigermaßen gefestigte, aber trotzdem noch lebendige – Packliste bei Lighterpack. Wie ihr seht – von Ultraleicht doch ein gutes Stück entfernt ;)
Wenn die Küchenwaage irgendwie dein Leben bestimmt… ;)