Rothaarsteig Etappe 1: vom Bahnhof Dillenburg bis hinter die Dillquelle

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Rothaarsteig: 157 km von Dillenburg nach Brilon
Rothaarsteig: 157 km von Dillenburg nach Brilon

Der Regionalexpress geht morgens um acht, ist dank Feiertag gut gefüllt, aber ausnahmsweise pünktlich – und mit einmal Umsteigen bin ich viertel nach zehn am Bahnhof in Dillenburg. Bei allerschönstem Sonnenschein und bereits jetzt gut 25°C mache ich mich auf den Weg: auf meine Rothaarsteig Etappe 1.

Zunächst geht es durch Dillenburg hindurch, was ich dank Feiertag fast für mich allein habe. Über die Brücke, an einem kleinen Park vorbei, durch die Altstadt – und dann geht es auch schon aus der Stadt hinaus und den Berg hinauf. Offenbar deckt sich der Rothaarsteig hier mit dem Nord-Süd-Trail (NST).

Das erste kleine Highlight ist schon nach wenigen Metern erreicht: der Bismarcktempel. Von hier aus hat man einen prima Blick über Dillenburg und kann kurz verschnaufen, bevor es weiter bergauf geht.

Nur ein kleines Stückchen weiter komme ich zum Adolfstempel, wo eine Dame auf der Bank sitzt. Wir wechseln ein paar Worte, dann schickt sie mich bergauf. Na, das war ein Satz mit X. Der Rothaarsteig geht unten lang. Also zurück, ihr Beteuern stoisch ignorieren, dass der Weg mindestens früher mal da lang ging und dann den richtigen Weg einschlagen.

Als ich das nächste Mal an eine große Straße komme (ein Ortsteil von Dillenburg) gehe ich ein paar hundert Meter „off-trail“, in der Hoffnung auf irgendwas zum Mittagessen an einer der beiden Tankstellen. Die Hoffnung bleibt leider unerfüllt und so geht es andere Seite der Straße den Berg wieder rauf und ich mache Mittagspause mit Müsliriegeln an einer Bank.

Es geht eine ganze Weile durch Wald, über Felder und Wiesen. An den Feldrändern ist die Beschilderung in der „verkehrten“ Richtung, die ich ja gehe, etwas dünn – aber dank komoot findet man den Weg doch oder macht zumindest nur kleinere Umwege, wenn man (so wie ich gerne mal) zu spät drauf schaut. Obwohl Feiertag ist, sind die Wege erfreulich leer.

In Rodenbach ist fast nix – aber eine ältere Dame, die vor ihrem Häuschen steht und raucht, lässt mich sehr freundlicherweise an ihrem Außen-Wasserhahn meine Trinkflaschen auffüllen. Sehr nett. Eine halbe Straße weiter zeigt mir ein junger schwerbehinderter Mann im Liege-Rollstuhl supereifrig, wo lang ich weitermuss. Rodenbach scheint ein extrem freundlicher Ort zu sein. Mit einem Lächeln im Gesicht ziehe ich weiter.

Unterwegs komme ich immer mal wieder an den Rothaarsteig Kilometermarkern vorbei. Es sind etwa hüfthohe Steinblöcke am Wegrand (manchmal einigermaßen im Gebüsch versteckt), auf denen die Kilometerzahl angegeben ist. Da ich den Weg entgegen der Hauptrichtung gehe, sind diese Marker also mein Countdown bis zum Ziel.

Am Nachmittag komme ich an einer Hütte des Vogelschutzvereins vorbei – an der mich ein Schild begrüßt, das Wanderer und Radfahrer willkommen heißt. Und die typische Kneipen-Bierreklame hängt auch draußen. Also nix wie hin da. Tatsächlich ist geöffnet und ich kann eine Cola kaufen, yeah! So unverhofft fühlt die sich fast wie Trail Magic an, wie ich da so auf einer Bank sitze, mit anderen Anwesenden quatsche und mich freue.

Weiter geht’s für mich und nach einer kleinen Weile komme ich beim Forellen-Franz vorbei. Davor sitzen vermutlich die Inhaber und vielleicht auch ein oder zwei Gäste – und begrüßen mich direkt. Ich könne dort auch schlafen! Hmm… nee. Ich hab ja noch bissel Weg vor mir. Daraufhin erklären sie mir, ich könne da vorne links abbiegen, dann wieder links und nach einer Weile wieder links und dann noch mal links. Dann sei ich wieder hier, aber hätte auch paar Kilometer geschafft. Bestechende Logik, aber ich lehne dennoch dankend ab… hab aber herzlich gelacht.

Noch ein Stück weiter komme ich an die Lucas-Eiche, unter der ein älteres Pärchen sitzt und mich anspricht. Das übliche… mit Blick auf den Rucksack die Frage, ob ich länger unterwegs sei und wie weit und wie lange und so. Sie kennen den Rothaarsteig auch ganz gut und wollen mir noch einen Tipp geben, wie ich den Weg zur Dillquelle nehmen soll. Nicht den Rothaarsteig, sondern lieber den linken Weg. Oder den rechten? Also nicht den oberen, sondern den unteren. Der obere ist der Rechte. Oder doch andersrum? Sie diskutieren eine Weile untereinander, während ich zu dem Schluss komme, vielleicht doch einfach der offiziellen Markierung zu folgen. Dann bedanke ich mich brav für den guten Tipp und ziehe von dannen. ;)

Eine Weile geht es stetig bergauf und bergab, dann scheine ich auf einer Art Bergkamm angekommen zu sein und gönne mir erst mal eine Snackpause.

Weiter geht es auf dem Kamm entlang, mit großartigen Ausblicken über den Westerwald – und einem Fuchs, den ich überrasche und der sich flugs aus dem Staub macht, als er mich bemerkt. Die weiten Ausblicke sind leider nur deshalb so großartig, weil in den letzten Jahren der Borkenkäfer ganze Arbeit geleistet hat und massiv Bäume gerodet werden musste. Inzwischen sind leider ganze Hänge völlig kahl. Zumindest wächst so langsam wieder einiges grün, wenn auch nur Büsche und keine Bäume. Aber immerhin häufig auch schöne Blumen dazwischen.

Dann habe ich offenbar den (linken oder rechten, oberen oder unteren) Abzweig verpasst und komme auf dem normalen Rothaarsteig zur Dillquelle. Das ist mal eine Luxus-Schutzhütte. Mit reichlich Platz drin, Grillplätzen und Tischchen nebendran und dank Quelle eben mit fließend Wasser. Ich mache es mir in der Hütte bequem, um der brennenden Sonne zu entgehen und hole erst mal Wasser. Ganz vorbildlich filtere ich es, wie ich das auf dem PCT gelernt habe – und stelle fest, dass mein Filter offenbar einen Knacks weg hat. Er filtert so unfassbar langsam, obwohl ich ihn zu Hause noch gereinigt hatte… der scheint kaputt zu sein.

Ich beschließe, hier Abendessen zu kochen und danach, je nach Laune, entweder hier zu bleiben (bin recht knülle grad) oder noch wie geplant so zweieinhalb Kilometer weiterzugehen. Zum Essen gibt es – yeah, endlich mal wieder – Ramen. Ich pimpe meine Ramen mit allerlei Zeug und stelle doch fest, dass Erdnussbutter das einzige ist, was Ramen gut essbar macht. Die hab ich natürlich nicht dabei.

Danach sind die Füße wieder recht gut erholt und die Lebensgeister wieder geweckt – und deshalb geht es noch ein Stück weiter. Oben auf dem Kamm entlang mit Blicken in alle Richtungen und ohne größere Steigungen – ein Klacks. Und eh ich mich’s versehe, bin ich auch schon an der angepeilten Schutzhütte. Es handelt sich um eine der typischen Rothaarsteig-Schutzhütten, deren Dach das liegende R der Wegmarkierung imitieren.

Ich beschließe, heute Nacht hier zu bleiben. Es soll trocken bleiben und so schadet es nicht, dass das Dach nicht weit genug übersteht, als dass ich bei Regen trocken bliebe. Dann bekomme ich Besuch von 3 Wanderern aus der Gegenrichtung, die aber noch weiter wollen. Sie sagen, sie hätten schon 28 Kilometer hinter sich und noch 10 vor sich – Respekt. Wir unterhalten uns eine Weile, während sie Pause machen und dann ziehen sie weiter. Ich hingegen packe meinen Rucksack aus und richte mein Schlafgemach ein. Plötzlich hab ich wieder Hunger und esse halt noch einen Riegel. Zähne putzen, Pipi und dann ab ins Bett und… denkste, nicht schlafen. Die Sonne scheint immer noch hell am Himmel und mein Körper denkt gar nicht dran, einzuschlafen. Bis weit nach Hiker-Midnight liege ich wach und versuche abwechselnd zu schlafen und lese dann doch entnervt noch am Handy, auf dem ich doch aber eigentlich Strom sparen will. Herrje. Irgendwann gegen elf wird es dunkel genug und ich müde genug, dass ich doch endlich einschlafe… schön isses bis hierhin :)

Gesamtstrecke: 29.24 km
Gesamtanstieg: 900 m
Gesamtabstieg: -543 m
Gesamtzeit: 08:53:39

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