Jetzt wird’s spannender – die Blende

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Die Blende ist dazu da, das Objektiv annähernd kreisförmig ein Stück weit zu öffnen und damit die in einer bestimmten Zeit einfallende Lichtmenge zu regulieren. Je größer die eingestellte Blende, desto mehr Blende verschließt das Objektiv und desto weniger Licht passt also hindurch. (Wer in Mathe aufgepasst hat, kann sich noch zusammenreimen, dass ein Verdoppeln des Kreis-Durchmessers zu einer Vervierfachung der Kreisfläche führt – da passt also ordentlich mehr Licht hindurch.)

Blendenreihe: Grüne Blendenwerte sind ganze Blendenstufen. Graue Blendenwerte sind Drittel-Blendenstufen, die die meisten Kameras einstellen können.
Blendenreihe:
Grüne Blendenwerte sind ganze Blendenstufen. Graue Blendenwerte sind Drittel-Blendenstufen, die die meisten Kameras einstellen können.

Bringen wir die Blende nun mit der Belichtungszeit in Zusammenhang, ist klar, dass die Kamera-Automatik die Blende öffnet, sobald wir kürzer belichten wollen. Und andersherum natürlich. Am Ende sollen schließlich immer die freundlich-hellen 18% Grauwert dabei herauskommen. Nutze ich nicht die Automatik, sondern belasse die Belichtungszeit identisch, wird das Bild bei größerer Blende (mehr Verschluss) dunkler und bei kleinerer Blende (weniger Verschluss) heller. Denn in der gleichen Zeit kommt so weniger bzw. mehr Licht durch die kleinere bzw. größere Blendenöffnung.

Das eigentlich spannende an der Blende ist aber, dass sie direkten Einfluss auf die Schärfentiefe im Bild hat. Die wiederum sagt aus, wie viel meines Bildes zwischen Vordergrund und Hintergrund scharf abgebildet wird. Je größer die Blende, desto größer auch die Schärfentiefe. Eine kleine Blende sorgt für eine kleine Schärfentiefe.

Blende: f/14 (große Blende -> kleine Öffnung) Die hinteren Steine und das Wasser sind relativ scharf abgebildet
Blende: f/14 (große Blende -> kleine Öffnung)
Die hinteren Steine und das Wasser sind relativ scharf abgebildet (große Schärfentiefe)
Blende: f/7.1 (mittlere Blende und Öffnung) Die hinteren Steine und das Wasser sind relativ unscharf abgebildet
Blende: f/7.1 (mittlere Blende -> Öffnung)
Die hinteren Steine und das Wasser sind relativ unscharf abgebildet (mittlere Schärfentiefe)

Kleine Blenden werden üblicherweise genutzt, um den Vordergrund klar vom Hintergrund abzugrenzen. Man spricht vom Freistellen des Motivs. Das Freistellen von Motiven durch sehr kleine Blenden wird übrigens direkt von langen Brennweiten unterstützt. Mit einem Tele-Objektiv fällt das Freistellen daher leichter als mit einem Weitwinkel. Der Effekt wird außerdem umso stärker, je größer der Abstand zwischen Motiv und Hintergrund (auch relativ zum Fotografen) ist.

Blende: f/5.6 Die kleine Blende (hier noch verstärkt durch die Kombination mit einer langen Brennweite von 180mm) führt dazu, dass nur ein geringer Bereich des Bildes scharf ist. Sowohl Vordergrund als auch Hintergrund verschwimmen in Unschärfe. Beachte: geringe Schärfentiefe lenkt automatisch immer auch den Blick des Betrachters!
Blende: f/5.6
Die kleine Blende (hier noch verstärkt durch die Kombination mit einer langen Brennweite von 180mm) führt dazu, dass nur ein geringer Bereich des Bildes scharf ist. Sowohl Vordergrund als auch Hintergrund verschwimmen in Unschärfe.
Beachte: geringe Schärfentiefe lenkt automatisch immer auch den Blick des Betrachters!

Größere Blenden werden typischerweise in der Landschaftsfotografie genutzt. Hier möchte ich häufig, dass sowohl der Vordergrund als auch der Hintergrund scharf abgebildet werden

Blende: f/13 Vom Gras im Vordergrund bis zu den Bergen und Wolken im Hintergrund ist alles scharf abgebildet. (große Blende, große Schärfentiefe)
Blende: f/13 Vom Gras im Vordergrund bis zu den Bergen und Wolken im Hintergrund ist alles scharf abgebildet. (große Blende, große Schärfentiefe)

Achtung: sinnvolles Abblenden hat seine Grenzen: bei sehr großen Blenden nimmt die Schärfe aufgrund der Beugungsunschärfe wieder ab. In Zeiten der Analogfotografie, als man grundsätzlich noch sehr viel manuell einstellen musste, gab es den beliebten Spruch „Sonne lacht, Blende 8“. An diesem Spruch ist viel Wahres dran:

  • mit Blende 8 erreicht man eine gewisse Schärfentiefe (riskiert also nicht, ungewollte Unschärfen im Bild zu haben)
  • man vermeidet außerdem in den meisten Fällen eine Überbelichtung, weil die Kamera selbst bei viel Licht noch kurz genug belichten kann
  • ist ausreichend Licht vorhanden (Sonne lacht), kann man es sich leisten, so weit abzublenden (die Blende zu schließen), weil das Licht immer noch genügt, um Bewegungsunschärfen oder Verwackeln durch zu langes Belichten zu vermeiden

Der Effekt der Blende auf die Schärfentiefe zeigt jedoch auch, dass ich nicht einfach die Blende verringern (also mehr Licht durchlassen) kann, wenn mein Motiv so dunkel ist, dass die nötige Belichtungszeit zu Verwacklungen führt. Der Bildeindruck und damit die Aussage des Bildes können sich durch die gewählte Blende dramatisch verändern.

So… ich hatte ja versprochen, den Schwierigkeitsgrad etwas zu erhöhen. Hat funktioniert, oder? ;)

Zum Schluss daher noch eine bildhafte Erklärung zum Zusammenhang zwischen Belichtungszeit und Blende – physikalisch nicht ganz korrekt, aber trotzdem sehr eingängig, wie ich finde.

Stell dir dein Objektiv wie einen Wasserhahn vor, mit dem du das Waschbecken (deinen Kamera-Sensor) mit Wasser (also Licht) füllst. Und erinnere dich, dass ein Bild eine bestimmte Menge Licht braucht, um korrekt belichtet zu sein. Soll eine bestimmte Menge Wasser in dein Waschbecken, kannst du den Wasserhahn weit aufdrehen (kleine Blende -> kleiner Verschluss -> große Öffnung) und den Wasserhahn nur kurz laufen lassen (kurze Belichtungszeit) oder eben genau andersherum: Wasserhahn nur wenig öffnen (große Blende -> großer Verschluss -> kleine Öffnung) und dafür lange laufen lassen (lange Belichtungszeit).

Der Unterschied deines Bildes zum Waschbecken ist: während das Ergebnis im Waschbecken in beiden Fällen identisch ist, ist dein Bild in beiden Fällen zwar korrekt belichtet, hat aber aufgrund der unterschiedlichen Schärfentiefe eine andere Bildwirkung.

Und wieder heißt es: Ausprobieren! Nur so wird dir das Gelesene wirklich in Fleisch und Blut übergehen, also einen Effekt auf deine Fotografie haben.

Im nächsten Beitrag geht es weiter mit der ISO.

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