La Loberia, zweiter Versuch – oder: Schwimmen mit Schildköten II

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Meine Mama und ich
Meine Mama und ich

Nachdem ich gestern schon gegen neun im Bett war, werde ich heute Morgen gegen acht Uhr von der Musik wach, die irgendwelche Nachbarn auf der Straße veranstalten. Hey Leute, es ist Sonntagmorgen! Na gut, meine elf Stunden Schlaf sind ja keinesfalls zu verachten und ich fühle mich gut. Also packe ich meine Sachen wieder zusammen und fahre zu meiner Gastfamilie. Meine Gastmutter macht sich heute auf den Weg nach Quito, um sich dort vermutlich die ganze Woche lang irgendwelcher ärztlicher Untersuchungen zu unterziehen. Ich treffe sie zu Hause noch an und kann mich verabschieden. Danach nutze ich den Vormittag, um meinen Blog zu pflegen.

Nach dem Mittagessen fahren wir zunächst in das neue Haus, weil dort seit zwei Tagen kein Wasser mehr in der Zisterne angekommen ist. Das beschert mir zwar ruhigere Nächte, dafür wird aber langsam das Wasser knapp und Schlaf ohne Duschen ist ja auch nicht so das Wahre. Während sich mein Gastvater an der Zisterne und ihrem Zulauf zu schaffen macht, ziehe ich mir meine Badesachen an, weil wir anschließend einen neuen Versuch in Sachen Loberia starten wollen. Mittlerweile ist es zwar immer noch windig, aber zumindest ist die Sonne rausgekommen, so dass es angenehm warm ist. Ich creme mich also mit meiner neuen LSF 60 Sonnencreme ein und ziehe mein neues langes Shirt drüber – mein Nacken sieht immer noch nicht besser aus und verträgt definitiv noch keine Sonne. Wir nehmen diesmal ein Taxi zur Loberia und ich frage vorsichtig, ob Carlos und Angélica denn keine Handtücher dabei haben, denn zumindest Angélica wollte unbedingt auch baden gehen. Nein, sagen sie, das bräuchten sie nicht. Na gut, das haben die Brasilianer damals ja ähnlich gemacht, also denke ich mir nichts weiter dabei. Als wir allerdings ins Wasser wollen, geht Angélica plötzlich in kurzer Jeans und Shirt los – nein, Badesachen hätte sie nicht mitgenommen. Und ich dachte, die Brasilianer seien komisch drauf… ich korrigiere mich hiermit.

Kaum im Wasser, wird klar, dass Angélica kein Understatement betrieben hat, als sie sagte, sie könne zwar schwimmen, aber nicht besonders gut. Erstaunlich für jemanden, der auf einer Insel wohnt. Ich ziehe meine Schnorchelmaske auf und verschwinde unter Wasser – und finde mich in einer völlig neuen Welt wieder. Klares Wasser, viele Steine und dazwischen Unmengen bunter Fische in allen Größen. Und ein paar Meter weiter taucht sie vor mir auf: eine Schildkröte! Ich folge ihr auf einen halben Meter Abstand über eine größere Strecke, beobachte, wie sie sich kaum bewegt, sondern sich von der Strömung treiben lässt und durch das Wasser schwebt. Durch die Strömung ist es äußerst einfach, ihr zu folgen – bis ich merke, dass ich völlig die Orientierung verloren und keine Ahnung mehr habe, in welche Richtung ich gerade schwimme oder wie weit ich vom Strand weg bin. Ich tauche also mal wieder auf, sehe mich um und trete den Rückweg an. Und ein Stück weiter taucht das große (männliche?) Gegenstück zu meiner ersten Schildkröte auf. Mit einem knappen Meter Panzerdurchmesser ein wirklich stattliches Exemplar, schwebt auch sie völlig schwerelos durchs Wasser und lässt sich treiben. Ich bin so begeistert, dass ich fast das Atmen vergesse und verliere mich schon wieder irgendwo im Wasser. Irgendwann lasse ich die Schildkröten in Ruhe und kümmere mich noch ein wenig um Angélica. Da sie aber nicht weiter als bis zum Bauchnabel ins Wasser geht (ok, vielleicht nicht das Schlechteste), wird mir relativ schnell kalt und ich beschließe, dass es für heute genug ist.

Kaum draußen, fängt sie in ihren nassen Jeans und Top natürlich an zu frieren wie ein Schneider. Ich teile also zuerst mein Handtuch mit ihr und opfere dann meine Bluse, die ich eigentlich statt meines nun nassen Shirts anziehen wollte und hoffe, dass mein Nylonshirt schneller trocknet. Oh Mann. So richtig warm wird mir bei dem Wind allerdings nicht, zumal sich inzwischen auch die Sonne wieder hinter einer dicken Wolkenschicht versteckt hat, also machen wir uns auf den Heimweg. Zu Hause gibt es dann erstmal eine warme Dusche (ein Hoch auf die elektrischen Durchlauferhitzer in der Dusche) und danach lese ich noch ein wenig, während Angélica meinen Rechner für irgendwelche Recherchen für Geschichts-Hausaufgaben nutzt. Zwischendurch erfahre ich, dass mein Gastvater am Dienstag für drei Tage nach Santa Cruz muss. In dieser Zeit soll ich den Babysitter für Angélica machen und auf sie aufpassen. Das schließt neben dem Essen machen (vermutlich ziehe ich das Restaurant vor) auch ein, dass ich mit in ihrem Zimmer, also im Doppelstockbett, schlafen soll. Grandios.

Am Abend macht der Opa der Familie (ein goldiger Mensch) Empanadas. Ich gucke zu und darf dann selbst ein paar machen. Anschließend verspeisen wir die Empanadas in großer Familienrunde, von der ich noch immer nicht sämtliche Verwandschaftsverhältnisse durchblicke. Danach geht es für mich wieder ins neue Haus und ein Wochenende geht zu Ende.

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