Heute morgen ist es sehr kalt. Die Temperaturen sinken nachts auf nur knapp über null Grad. Umso besser, dass unser Frühstücksplatz bereits in der Sonne liegt. So wird uns schnell wieder warm. Inzwischen sind wir dazu übergegangen, die Schokolade zum Frühstück zu essen. Scheinbar sind unsere Geschmacksnerven da noch empfindlicher – die Schoki schmeckt wieder gewohnt gut. Auch im Müsli mit Milchpulver, das wir aufgrund der kalten Temperaturen mittlerweile immer mit heißem Wasser aufgießen, sorgt die Schoki für klare Geschmacksverbesserung.
Die heutige Etappe soll uns ein ganzes Stück bergauf führen, bis wir den Dick’s Pass auf etwa 2.800 m Höhe überqueren und auf der anderen Seite zum Middle Velma Lake wieder absteigen. Mit frischem fließenden Wasser ausgerüstet machen wir uns auf den Weg. Bis zu Dick’s Pass zieht sich der Weg tatsächlich unendlich in die Länge – und geht selbstverständlich immer bergauf. An einer Stelle denken wir schon, wir hätten den Pass erreicht, da wir auf der anderen Seite des Bergkamms zu Dick’s Lake und Fontanillis Lake hinuntersehen können. Fontanillis Lake war das für heute geplante Tagesziel, doch hatten uns zwei PCT-Hiker unterwegs bereits gesagt, dass Dick’s Lake zum zelten besser geeignet sei als Fontanillis Lake.
Bis hierhin haben wir allerdings nur den Bergkamm erreicht – überqueren werden wir ihn erst ein ganzes Stück weiter oben. Also geht es weiter bergauf. Kurz darauf treffen wir auf eine Solo-Hikerin. Wir tauschen uns mit ihr aus über die jeweils bereits gelaufenen und noch geplanten Strecken und bekommen von ihr erstmals die Bestätigung, dass das nördliche Ende unserer geplanten Strecke (nördlich von Richardson Lake) dermaßen ausgetrocknet ist, dass wir über zwei Tage kein Wasser finden würden. Hier müssen wir definitiv umplanen. Sie erzählt von einigen Strecken, die sie abseits von TRT / PCT durch die Desolation Wilderness gelaufen ist und die sie sehr schön fand. Wir beschließen, heute abend einen neuen Plan zu entwickeln. Sie weist uns noch auf eine Quelle kurz unterhalb des Passes hin und dann geht jeder weiter seiner Wege. Wir in unserem üblichen Tempo, sie etwa dreimal so schnell ;-)
Kurz vor dem Pass treffen wir auf die angekündigte Quelle und füllen unsere Wasserflaschen auf. Dann ist der Aufstieg endlich geschafft. Bei aller Anstrengung muss man jedoch sagen, dass die Ausblicke, die sich einem an jeder Wegbiegung eröffnen, für jede Anstrengung mehr als entschädigen. Wir blicken auf ein grandioses Bergpanorama, bei dem sich in nahezu jeder Talsenke ein anderer See zeigt. Von tiefblauen bis türkisgrünen Seen ist alles dabei und wir können uns kaum sattsehen an dieser perfekten Schönheit.
Als wir den Abstieg geschafft haben, kommen wir zunächst an Dick’s Lake. Ein Blick auf Karte und Uhr lässt uns beschließen, den für morgen geplanten Ruhetag mit Mini-Etappe von Fontanillis nach Middle Velma Lake zu streichen und stattdessen bereits heute bis Middle Velma Lake durchzulaufen, wenn Fontanillis wirklich ungeeignet sein sollte. Was wir danach machen, wollen wir uns heute abend genauer überlegen.
Als wir Fontanillis Lake passieren, sind wir nahezu überwältigt von der Schönheit. Leider ist es aber tatsächlich so, dass die relativ steile, felsige Küstenlinie keinen Zeltaufbau erlaubt. Also genießen wir einfach eine Weile den Anblick und laufen dann weiter bis Middle Velma Lake. Hier suchen wir erst ein wenig und klettern dann einfach über die Felsen, die zwischen dem Weg und dem See liegen. So finden wir auch bald einen schönen Platz für unser Zelt, obwohl es am See bereits ziemlich bevölkert ist. Es ist eben der erste See, wenn man aus dem Norden von Richardson Lake oder über Phibb’s Pass kommt und entsprechend der letzte, wenn man die Strecke aus dem Süden geht. Am langen Ufer des Sees verläuft sich das aber alles super, so dass man in seinem Eckchen vom See trotzdem schön einsam ist.
Als wir gerade unser Zelt aufbauen, bekommen wir noch Nachbarn: James und sein Kumpel samt Hund Oli fragen, ob sie direkt nebenan zelten dürfen. Klar dürfen sie und so gibt es sogar noch einen netten Plausch. Nach Katzenwäsche im kalten See und etwas Schokolade beim Lesen gibt es zum Abendessen Nudeln mit Hühnchen. Unser Plan für die nächsten Tage sieht jetzt vor, wie geplant, nur wegen des gestrichenen Ruhetages einen Tag früher, den PCT entlang zum Richardson Lake zu gehen. Von dort wollen wir jedoch nicht in zwei Etappen nach Tahoe City gehen, sondern statt dessen zurück nach Süden. So wollen wir vom Richardson Lake über die Alternativstrecke über den Phibb’s Pass zurück zum Middle Velma Lake und von dort aus über den Bayview Trail zurück in die Zivilisation. Diese Strecke bietet uns den Vorteil, nicht nur an mehr Seen und damit mehr Trinkwasser vorbeizukommen, sondern auch noch, wesentlich näher an South Lake Tahoe wieder anzukommen und somit unsere Taxirechnung zu reduzieren.
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