And so it begins…

Veröffentlicht am

Die Nacht war eher unruhig. Eine Mitwanderin hatte sich im Flieger eine Bronchitis eingefangen und hustete die ganze Nacht und irgendwann ging irgendwo eine Alarmanlage los. Kurz vor fünf werden dann die ersten aktiv und das große Packen beginnt. So leise wie möglich werden Schlafsäcke eingepackt und Luft aus Isomatten gelassen, denn einige starten nicht heute, sondern erst morgen. Und die Nachbarn stehen auch nicht zwingend auf Lärm so früh am Morgen. Dann gibt es Frühstück und schon werden wir auf Autos aufgeteilt, mit denen wir zum Terminus fahren.

Kurz vor dem Terminus halten wir an einer Raststätte, damit wir die vorerst letzte Toilette mit Wasserspülung ausnutzen können. Zehn Minuten später fahren wir dann auf den Grenzzaun und damit auf den Southern Terminus zu. Ein mulmiges Gefühl macht sich kurz in meinem Magen breit… now it’s real. Doch gleich darauf wird es von Aufregung und Freude abgelöst. Wir machen ein Gruppenfoto, dann spricht eine Volontariat der PCTA über Leave no Trace und Sicherheit beim Hiking und ähnliches. Und dann bekommen wir jeder einen schwarzen, nicht durchsichtigen Zip Lock Beutel fürs benutzte Klopapier (pack it out!) und ein PCT Zeichen als Rucksack Tag.

Ein kurzer Abstecher an den Grenzzaun und einmal die Hand durchgesteckt – wann kann man schon mal sagen, dass man in zwei Ländern gleichzeitig war? :)

Und dann mache ich ihn: den ersten Schritt auf dem PCT. Den ersten Schritt Richtung Kanada. Kurz fühlt es sich sehr bedeutend an. Und dann stürze ich mich voll in die Natur. Warum das hier Wüste genannt wird, ist mir ein Rätsel. Alles ist grün, alles blüht. Es ist einfach wunderschön. Und nach jeder Wegbiegung sieht es ein bisschen anders aus.

Nach einer halben Meile komme ich um acht am CLEEF Campground vorbei, wo ich direkt erst mal einen kleinen Muffin und einen Kaffee angeboten bekomme – und dann auch Flo wiedersehe, der hier die Nacht verbracht hat. Er wird jetzt zum Terminus gehen und dann offiziell starten.

Schon bald darauf bin ich am Marker für die erste Meile. Cool, bis hierhin war’s einfach. Jetzt nur noch 2.649 Mal wiederholen.

Ich komme an der einzigen Bahnlinie am PCT vorbei, drei Meilen geschafft. Es geht die ganze Zeit leicht auf und ab, durchaus machbar. Auf den Pflanzen am Boden ist überall noch Frost und die Luft ist kühl, aber die Sonne brennt bereits spürbar vom Himmel.

Dann komme ich an Mile Marker (MM) 4.4 vorbei, der letzten Wasserquelle vor Lake Laguna an MM 20. Und wir haben Glück, denn das jetzt noch munter sprudelnde Wasser wird in wenigen Wochen bereits ausgetrocknet sein. Hier geht es ein wenig zu wie in der Serengeti: am Wasserloch versammeln sich alle. Ich treffe auf Max, Lucie, Antonia, Ichor (ein Trail Name, den er bereits früher auf dem PCT bekommen hat) und viele andere. Max schleppt sogar eine Gitarre mit. Immerhin mit Carbon-Klangkörper, aber trotzdem… krass. Als er irgendwas komisches auspacken und isst, fragen alle, was das ist. „Little meat sticks“ ist seine Antwort und wir sind uns recht einig, dass das einen guten (ok, eher fiesen) Trail Namen abgeben würde. Er wehrt sich mit Händen und Füßen… mal sehen ;)

Ich bin am Monument mit 2 Litern Wasser losgegangen, von denen ich allerdings noch fast nichts getrunken habe. Wissend, dass das nicht schlau ist, kippe ich mir einen kompletten Liter Wasser hinter die Binde, bis mir davon leicht schwindlig wird. Dann hole ich Wasser aus dem Bächlein, filtere einen Liter in die eben geleerte Flasche und laufe mit nun noch 5 Litern im Gepäck weiter. Joa, nu is der Rucksack prompt bissel schwerer. Aber schließlich muss das Wasser bis morgen reichen, denn ich habe mir vorgenommen, nur bis etwa MM 11.4 zu gehen, um es am Anfang ganz bewusst ruhig anzugehen. Da ich vorher null zum Trainieren gekommen bin, wäre alles andere zwar möglich, aber nicht sehr schlau.

Weiter geht’s, nun den Berg hinauf. Inzwischen wird die Luft deutlich wärmer und das Gehen entsprechend anstrengender. Irgendwann bricht die Mittagshitze an und ich hab Hunger. Ich suche mir ein winziges schattigen Plätzchen und wühle mich durch meine  Vorräte. Ich habe Wraps und überlege gerade so, was ich da wohl reiten könnte… auf Thunfisch hab ich keine Lust… und so wickle ich einfach etwas Trail Mix drin ein. Überraschenderweise schmeckt das sogar richtig gut.

Eine Weile später treffe ich wieder mal auf eine ganze Hiker Bubble mit vielen, die ich schon kenne. Pause ist immer gut und so setze ich mich dazu. Lucie hat dummerweise bei der letzten Pause ihre Flasche samt Filter liegenlassen und muss jetzt 2 Meilen zurück. Puh.

Ich laufe irgendwann weiter, zusammen mit Marquee. Bald darauf sind wir an MM 11.4 angekommen und finden ein nettes Plätzchen zum Zelten vor. Es ist zwar noch zeitig und wir könnten auch noch weiter, aber ich halte mich an meinen Plan. Und Marquee beschließt, ebenfalls für heute Schluss zu machen. Wir bauen unsere Zelte auf und dann kommen Emiel aus Belgien und Antonia aus Süddeutschland dazu. Und dann noch Max, Lucie und Peter, Ally aus Michigan und dann auch noch Flo. Wir kriegen alle an der Campsite unter, die angeblich nur für 3 Zelte reicht, aber es ist für alle genug Platz. Wir quatschen eine Weile und dann ist es Zeit, Essen zu machen. Kocher werden ausgepackt und Mahlzeiten in Zip Lock Beuteln zubereitet. Bei mir gibt’s eine Mischung aus einer scharfen Suppe mit Bohnen, Mais und noch irgendwas und Kartoffelpuree. Hatte ich in San Diego zusammengekippt und schmeckt erstaunlich gut. Dazu zur Feier des ersten Tages noch einen der mitgebrachten Instant Kaffees.

Wir gehen noch ein paar Meter weiter den Trail entlang und genießen den Ausblick mit Sonnenuntergang und dann ist es Zeit, schlafen zu gehen. Um halb neun liegen alle in ihren Schlafsäcken und ratzen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert