Die Nacht war heftig, denn irgendwer meinte, nach Mitternacht noch eine kleine Privatparty am Pool vor unserem Zimmer abhalten zu müssen und hat sich auch von diversen Beschwerden der Gäste nicht so recht abhalten lassen. Dafür geht es meinem Auge heute Morgen wieder viel besser. Es ist noch rot, aber es schmerzt und tränt nicht mehr. Glück gehabt! Wir frühstücken und dann machen wir uns flugs auf den Weg, denn heute haben wir einen kleinen Gewaltmarsch vor uns: 28 Kilometer und über 1000 Höhenmeter warten auf uns. Aber auch die Ruppertsklamm. Und es soll wieder ziemlich warm werden. Auf geht’s also.
Durch Horchheim geht es zunächst bergauf zurück auf den Rheinsteig und auf diesem weiter bergan. Und dann geht es weit hinab bis in die Ruppertsklamm. Die Temperaturen sind schon gut angestiegen, aber in der Klamm ist es herrlich kühl. Erst geht es in der Klamm lustig am Bach entlang, dann schon eher von Stein zu Stein und schließlich nur noch mit Hilfe des Seilgeländers direkt am Fels entlang.
Nachdem wir durch die Klamm durch sind, kommen wir an einer größeren Straße raus. Zum Glück folgen wir der nicht lang, sondern biegen ab nach Friedland. Es ist beste Mittagszeit und so trifft es sich sehr praktisch, dass hier direkt an der Lahn ein Restaurant mit Biergarten liegt. Dachten wir jedenfalls. Leider entpuppt sich die Lage als wesentlich besser als das Essen. Na ja, wenigstens der Bauch ist wieder voll.
Danach queren wir die Lahn über eine kleine Fußgängerbrücke und quälen uns auf der anderen Flussseite erst durch den Ort und dann wieder den Berg rauf. Oben auf dem Berg kommen wir an einem großen Hotel vorbei und an einem Café mit Biergarten. Ich überrede Dominik, auf einen Kaffee (dringend!) und ein Stück Kuchen (auch dringend!) einzukehren. Sozusagen als Ausgleich für das gar nicht so gute Mittagessen und weil Kaffee und Kuchen überhaupt immer gehen. Dominik wird etwas nervös, denn es ist schon halb zwei und wir haben gerade mal rund zwölf von unseren heutigen 28 Kilometern geschafft. Aber ich wandere ja nicht den ersten Tag und weiß, dass wir das schon schaffen werden. Ich auf jeden Fall eher mit als ohne Kaffee und Kuchen :)
Wir ergattern ein letztes freies Plätzchen draußen im Schatten. Der Kuchen ist lecker und der Kaffee… na ja, hat Koffein. Danach geht’s weiter, zunächst durch Wald hinab bis in den unscheinbaren Ort Nord. Dort eine fies steile Straße rauf wieder raus aus dem Ort, über eine Wiese und dann mal wieder ein kleines Kletterstück entlang.
Das Stück ist schnell geschafft und weiter geht’s – natürlich immer munter bergauf und bergab. Das Wetter könnte kaum schöner sein, würde man im Freibad liegen. So wird es immer wieder brutal heiß, sobald wir aus dem Wald rauskommen. Und das scheint mit fortschreitender Strecke heute immer häufiger der Fall zu sein.
Es geht hinab bis nach Braubach, dort kurz durch den Ort und dann andere Seite vom Tal direkt wieder steil bergauf. Und es kommt, wie es kommen musste: natürlich führt der Rheinsteig durch die Marksburg. Was wir eben noch vom Nachbartal aus bewundert haben, erklimmen wir nun – aber natürlich nicht, ohne vorher bis runter zum Rhein abgestiegen zu sein. Es soll sich ja auch lohnen.
Vor lauter Aufstieg vergessen wir oben glatt das Fotografieren und so geht es ohne Erinnerungsfoto wieder bergab. Und dann natürlich wieder bergauf. Steil. Dafür mit herrlichen Ausblicken auf den Rhein zur Belohnung.
Mittlerweile geht es fast nur noch durch Weinhänge und die Sonne scheint immer gnadenloser vom Himmel. Jeder Anstieg zieht sich wie Kaugummi und nach mittlerweile fast 20 Kilometern melden sich auch die Füße so langsam wieder. Hilft aber alles nix – denn wir haben noch ein gutes Stück vor uns. Nach einem besonders langen und fiesen Aufstieg durch die pralle Sonne erscheint uns eine Mini-Bank im Schatten wie der Himmel auf Erden.
Wir kündigen uns in unserer heutigen Unterkunft an… theoretisch hätten wir bis 16 Uhr einchecken sollen, aber das wird nix. Also rufen wir an und erklären, dass wir noch so acht Kilometer vor uns haben. „Ah, dann seid ihr ja gleich da.“ – „Ja nee… also… wir laufen. Wir brauchen noch so zweieinhalb Stunden etwa.“ – „Ihr lauft??? Okeeeeh…?“ Ja, wir wissen, dass wir ein bisschen bekloppt sind :)
Die letzten Kilometer werden zum Glück wieder waldiger und damit schattiger. Dafür wird der Aufstieg zur Rheinsteighütte Osterspai noch mal extra-steil. Die Hütte ist dafür ziemlich geil.
Danach geht es nur noch einmal bergab, einmal bergauf und dann ein letztes Mal bergab – und dann sind die letzten Kilometer nach Osterspai vollbracht. Der Ort ist supersüß mit lauter Fachwerkhäusern und in einem davon wartet eine Dusche auf uns. Herrlich.
Essen gehen wir im Hotel des Ortes. Das ist leider von Reisebussen geflutet und bietet nur Buffet mit Kantinencharme. Dafür senken wir zu zweit den Altersdurchschnitt um sicher fünf Jahre. Satt werden wir, schmecken tut es auch (wann hatten wir schon das letzte Mal Götterspeise als Dessert) und dann fallen wir platt ins Bett. Die Füße wollen nämlich keinen Schritt mehr weiter.
Gesamtanstieg: 1062 m
Gesamtabstieg: -1084 m
Gesamtzeit: 09:43:36