Danke Corona. Das ist ja mal ne Glanzleistung: die ganze Welt einmal komplett lahmgelegt. Am 12.3. kam die Nachricht, vor der nicht nur ich, sondern auch einige Mitwanderer schon einige Tage lang gezittert hatten: die USA verhängten einen Einreisestopp für Europäer. Und so, wie die weltweiten Infektionszahlen täglich nur eine Richtung kannten, war relativ klar, dass es dabei nicht bleiben würde. Was tun? Schnell noch überstürzt vorher rüberfliegen? Über Kanada fliegen und zwei Wochen (in Selbstquarantäne) dort bleiben? Aber mit jedem Tag wurde die ganze Welt etwas abgeriegelter – und damit die Wahrscheinlichkeit kleiner, tatsächlich noch auf den PCT zu kommen. Nun ist ja mein Startdatum erst am 22.4. und natürlich weiß niemand, wie die Welt bis dahin aussieht – und ich gehe trotzdem nicht. Eine Rechtfertigung – vor allem vor mir selbst.
Das Hin- und Wegkommen
Nun, zunächst einmal bleibt die Frage, wie man überhaupt hinkommen soll. Derzeit fliegt nix – und wann sich das wieder ändert, steht in den Sternen. Planbarkeit Fehlanzeige. Auch die Einreise von Mexiko oder Kanada wurde inzwischen unterbunden, der Umweg mit Selbstquarantäne fällt also ebenfalls weg.
Das gleiche Problem ergäbe sich andersrum. Ich wollte nicht in den Staaten festhängen und nicht wegkommen, wenn – Gott bewahre – hier irgendetwas passieren sollte.
Aber selbst, wenn ich irgendwie hin- und wegkommen sollte, würde ich derzeit nicht mehr starten (wollen / können / sollen / dürfen).
Corona in den Staaten
Die Situation vor Ort sieht derzeit so aus, dass mit Kalifornien und Washington zwei der drei Bundesstaaten, durch die der PCT führt, nach New York am stärksten betroffenen sind. In Washington mag sich die Lage noch entspannt haben, bis ich dort ankäme – aber in Kalifornien würde es nun mal losgehen. Dort wurde inzwischen eine Ausgangssperre verhängt, das öffentliche Leben ist ähnlich zum Erliegen gekommen wie bei uns.
Die Trail Angel Scout und Frodo, die Thru-Hiker vor ihrem Start bei sich aufnehmen und dann zum Southern Terminus fahren, haben zunächst den März, dann aber die komplette Saison abgesagt. Hikergruppen beherbergen geht nicht mehr.
Corona-Auswirkungen auf einen Thru-Hike
Bei den Hikern, die bereits unterwegs sind, ergeben sich durch Corona derzeit deutliche Einschränkungen, so dass einige bereits ihren Thru-Hike abgebrochen und den Trail verlassen haben:
- Es ist extrem schwer geworden, Hitches (Mitfahrgelegenheiten) vom Trail in die nächstgelegenen Ortschaften zu bekommen, weil niemand sich der Gefahr einer eventuellen Ansteckung aussetzen möchte. Damit müsste man viele Meilen zusätzlich zurücklegen – noch dazu auf der Straße – um an Verpflegung zu kommen. Mehr Meilen bedeutet mehr Zeit, mehr Verpflegung, mehr Gewicht.
- Man kann sich nicht mehr auf Resupply-Möglichkeiten verlassen, da einige Geschäfte zugemacht haben. In den übrigen scheinen die Preise deutlich angezogen zu haben.
- Der soziale Aspekt eines Thru-Hikes geht massiv verloren, wenn Trail Angels sich nicht mehr an den PCT stellen und Hiker mit Essen, Getränken oder sonstigem überraschen.
- Ein Zimmer mit anderen Hikern zu teilen wird zu einem Risiko – ist aber eigentlich die einzige Möglichkeit, Aufenthalte in Ortschaften (für Resupply) preislich im Rahmen zu halten.
Die Verantwortung gegenüber anderen
Der schlussendlich ausschlaggebende Punkt war für mich aber der eindringliche Aufruf verschiedener Ortschaften am PCT, dass Thru-Hiker nicht vorbeikommen mögen. Die Orte sind aufgrund ihrer abgelegenen Lage eigentlich recht gut isoliert und wenig Corona-gefährdet. Wenn nun aber nur ein einziger Hiker den Virus einschleppen sollte, wäre keine der Ortschaften ausreichend aufgestellt, um damit umzugehen. Sie haben eben keine gut ausgestatteten Krankenhäuser mit Intensivstationen, hochqualifizierten Intensivärzten und ähnlichem.
Wer könnte damit leben, vielleicht dafür verantwortlich zu sein, andere in Gefahr gebracht zu haben? Ich jedenfalls nicht. Und so habe ich mich schweren Herzens entschlossen, mein Permit für dieses Jahr zurückzugeben, dem Aufruf der PCTA zu folgen und nicht auf den PCT zu gehen.
Der PCT ist nächstes Jahr immer noch da. Corona hoffentlich nicht. Und so wird aus meinem PCT 2020 vielleicht – hoffentlich – ein PCT 2021.
Wie schade, Sandra. Und wie schön, dass du das „Your adventure can wait“ ebenfalls abbildest :)