Am Morgen geht der erste Blick auf die offizielle Webseite, doch es gibt keinen Hinweis, dass der Kalalau Trail an der Na Pali Coast wieder geöffnet sei. Nach dem Frühstück fragen wir vorsichtshalber noch einmal die Kollegen von der Island Orientation, aber auch die bestätigen, dass der Trail augenscheinlich immer noch zu ist. Und da es nachts wohl doch wieder geregnet hat, macht das auch Sinn. Also muss eine Alternative her, denn wenn ich schon einmal hier bin, will ich auch eine der „world’s most spectacular coast lines“ sehen. Wenn man uns also nicht auf dem Landweg dort hin lässt, müssen wir uns eben von der Seeseite nähern. Wir machen uns also auf, eine Bootstour zu buchen.
Natürlich läuft auch hier mal wieder nicht alles so, wie geplant. Aber der Reihe nach. Wir sind ja terminlich etwas eingeschränkt, denn schließlich sind wir heute den letzten Tag auf Kauai. Insofern hoffen wir stark, dass wir überhaupt so kurzfristig noch etwas kriegen. Und wir habe Glück. Als erstes wollen sie uns eine Dinner Cruise anbieten. Mit einem Katamaran 4,5 Stunden zur Na Pali Coast und zurück, dabei Dinner bekommen und den Sonnenuntergang ansehen. Nicht schlecht – aber hat’s da noch was mit etwas mehr Action? Es hat: eine 6-stündige Tour mit einem Schlauchboot, bei dem zwischendurch auch geschnorchelt wird. Kein Essen, dafür nochmal deutlich teurer. Nehmen wir. Wir bekommen die Unterlagen und dazu eine detaillierte Anfahrtsbeschreibung zum Hafen, in dem es losgeht, denn der wäre nicht so einfach zu finden.
So ausgerüstet machen wir uns wenig später auch schon auf den Weg, finden den kleinen Hafen dank Beschreibung ganz fix und sind pünktlich zur Abfahrt da. Leider sind wir damit aber auch die einzigen. Weit und breit ist niemand zu sehen, der auch nur annähernd nach einer Schlauchboot-Tour zur Na Pali Küste aussieht. Als ein kleines Boot mit ein paar Tauchern anlegt, frage ich den Captain. Der ist natürlich ein anderer als der, den wir suchen, aber er ist so nett, bei „unserer“ Agentur anzurufen und mal zu fragen, was los ist. Es stellt sich raus, dass eigentlich alles ganz wunderbar ist, nur wir dummerweise die falsche Anfahrtsbeschreibung bekommen haben. Das Boot fährt nämlich ab einem ganz anderen Hafen. Und zwar in 20 Minuten. Der Captain sagt uns, wir könnten jetzt sofort in unser Auto springen, sämtliche Geschwindigkeitsbeschränkungen brechen und wären vermutlich trotzdem nicht pünktlich da. Also klären wir noch am Telefon, ob sie uns nicht doch auf die Dinner Cruise umbuchen können. Die geht nämlich erst anderthalb Stunden später. Gesagt, getan. Nun machen wir also doch die Etepetete-Luxus-Version. Was mir zu denken gibt, ist der Kommentar des Captains: wir würden die Dinner Cruise sicher auch viel mehr genießen als so eine Tour, wo das Schlauchboot die ganze Zeit so hart über die Wellen knallt. Ähä… sehen wir wirklich so alt aus? Verdammt…
Wir steigen also wieder in unser Auto und fahren ganz gemütlich zum anderen Hafen. Übrigens schaffen wir es – ohne die Geschwindigkeitslimits zu überschreiten – in knapp 30 Minuten. Aber das nur als Erkenntnis am Rande. Im Hafen angekommen, werden wir im Büro von Capt. Andy vorstellig, bekommen unsere Umbuchung und die Versicherung, dass wir die Preisdifferenz natürlich erstattet kriegen würden (von dem Zwischenhändler, der uns die falsche Beschreibung gegeben hat – drücken wir also mal die Daumen). Da noch Zeit ist gönnen wir uns noch einen Kaffee im nahegelegenen McCafé. Eigentlich müsste man sagen, vor dem McCafé, denn drinnen ist es dermaßen runtergekühlt, dass wir sofort frieren wie die Schneider und uns lieber draußen in den Schatten setzen. Da hat es entspannte 32°C und Waschküchen-Luftfeuchtigkeit.
Dann ist es Zeit und wir besteigen – barfuß, denn die Schuhe bleiben alle an Land – unseren Katamaran. Nach einer kurzen Einweisung fahren wir dann los. Die erste Strecke geht an der Südküste entlang. Hier ist es normalerweise sehr trocken und sonnig, denn die Passatwinde (hier Trade Winds genannt, weil man sie früher zum Handeln nutzte, als man dafür noch über die Weltmeere segelte) kommen meist von Norden. Dann regnet sich über der Insel alles ab und im Süden kommt nur noch Sonne an. Natürlich ist momentan aber nix normal, denn im Umkreis befinden sich gerade drei Sturmtiefs. Die sorgen zum einen dafür, dass selbst die Einheimischen über die extreme Hitze stöhnen und zum anderen dafür, dass die Südseite erstaunlich grün ist. Leider aber auch völlig wolkenverhangen.
Wenn das so weitergeht, sehen wir von der Na Pali Küste nicht viel… immerhin bleiben wir trocken, denn als es kurz anfängt zu tröpfeln, dreht unser Boot einfach etwas weiter aufs offene Wasser raus und wir fahren wieder durch die Sonne. Als wir schließlich um die Südost-Spitze der Insel fahren, sieht die Welt aber schon seeehr viel freundlicher aus:
Kurz darauf wird auch die Küstenlinie spannender – und dank der hier herrschenden Sonne kann man auch richtig was sehen:
Die ganze Zeit über werden wir übrigens mit Infos über die jeweilige Umgebung unterhalten und bekommen Drinks und kleine Snacks. Der Kapitän stellt noch fest, dass das mit Abstand einer der ruhigsten Tage ist, die er in der Gegend jemals erlebt hat – und tatsächlich gibt es kaum Wellen und die Fahrt ist sehr entspannt. Selbst das Segel bleibt unten, denn es würde nix nützen. Dann verkündet er, dass wir jetzt offiziell die Na Pali Küste erreichen würden und jetzt gibt es für die Kamera wirklich kaum noch Verschnaufpause. Aus dem blauen Wasser türmen sich senkrechte Felsen bis 1.200m auf – tiefe Schluchten, Felskanten, unzählige Wasserfälle, Grotten, kleine Strände, und hatte ich die Felsen erwähnt? Achtung… jetzt kommt eine Bilderflut.
Und dann sehen wir den Grund dafür, dass der Kalalau Trail seit Tagen geschlossen ist – denn auf einmal ruft unser Kapitän recht erstaunt aus, dass es einen neuen Wasserfall gäbe. Den hätte er noch nie dort gesehen – und er macht den Job seit zehn Jahren. Nun gut, wenn sich natürlich nicht nur die bestehenden Bäche, die den Weg kreuzen, zu Flüssen ausweiten, sondern auch ganz neue Bäche diesen Ausmaßes entstehen… ist es vielleicht doch besser, dass wir dort nicht wandern durften.
Zwischendurch dümpeln wir ein wenig im Wasser herum… zum einen, damit man besser gucken und fotografieren kann, zum anderen aber auch, damit wir die beiden Wasserschildkröten beobachten können, die sich unweit vom Boot im Wasser tummeln. Dann sind wir am Ende der Na Pali Coast angekommen und es ist Zeit, wieder umzudrehen. Vorher nehmen wir aber noch ein anderes, ganz unverhofftes Highlight mit:
Auf dem Rückweg sehen wir zwar grundsätzlich das Gleiche wie auf dem Hinweg… allerdings steht die Sonne jetzt tiefer und – ihr ahnt, was jetzt kommt – das Licht ist ganz anders ;)
Ach ja, fast hätte ich es vergessen… es ist ja eine Dinner Cruise. Zwischen dem ganzen Fotografieren muss also noch irgendwie die Zeit gefunden werden, ein 3-Gänge-Menü zu vertilgen:
Ist gar nicht so einfach, gleichzeitig zu essen, zu fotografieren und sich am Boot festzuhalten (ab und zu ist halt doch eine Welle da). Aber irgendwie bekomme ich den Dinner Cruise 3-Kampf hin und die Tour nimmt ein gutes Ende.
Schließlich lassen wir die Na Pali Küste wieder hinter uns und fahren um die Südspitze herum zurück. Hier hat sich das Wetter inzwischen nur unwesentlich verändert – aber wir bekommen noch einen kleinen Regenbogen als i-Tüpfelchen zur Überbrückung der Zeit bis zum Sonnenuntergang.
Im Dunkeln erreichen wir schließlich wieder den Hafen und sind um ein grandioses Erlebnis reicher. Die Na Pali Coast ist tatsächlich spektakulär und die Tour war jeden Cent wert. Wir fahren zurück ins Hotel und packen unsere Koffer, denn morgen geht es weiter nach Hawaii Big Island.