Früh aufstehen, frühstücken und dann wieder rein in die dicken Klamotten. Wir wissen bereits, dass es wieder einen Overall und auch Stiefel geben wird und so beschränken wir uns auf die Daunenjacken und lassen die Winterjacken weg. Wir bekommen nicht nur dicke Stiefel und den besagten Overall, sondern auch noch Riesen-Handschuhe und Fellmützen. Wir ziehen alles brav an und sehen aus wie blaue Eisbären. Dann geht es zum Hundeplatz. Zusammen mit noch zwei anderen Paaren soll es auf Tour gehen. Der Guide gibt uns eine kurze Einführung, die im Wesentlichen aus „Balance halten“ und „Hände am Griff lassen“ besteht. Dann zeigt er uns, wie wir die Hunde anschirren sollen, was wir dann auch machen. Jeder von uns bekommt vier Hunde. Die Tiere sind wunderschön und echt zahm. Aber wehe, wenn sie losgelassen… ;-)
Es sind einfach 20 Kilo Kraftmaschinen, die mit mir hinlaufen, wo sie wollen. Festhalten? Nahezu unmöglich. Nachdem alle 18 Hunde angeschirrt sind (der Guide hatte 6), sind die Hunde kaum mehr zu halten. Sie bellen und heulen um die Wette und zerren an den Leinen, dass es selbst mit vollem Körpereinsatz auf der Bremse schwierig ist, sie noch am Platz zu halten.
Dann endlich werden sie erlöst und dürfen losrennen. Der Guide gibt ein Tempo vor, dass mich zwingt, fast ständig auf der Bremse zu stehen, damit die Hunde mit mir nicht an allen vorbeiziehen. Gewichtsmäßig lachen die vier Kraftprotze über mich und das Gelände ist auch eher einfach. Meine beiden Leithunde Sissi und Oliver machen ihre Sache großartig. Wir fahren durch eine vollkommen verschneite Landschaft. Ab und zu durch lockeren Birkenbestand, teils über offene Ebenen und immer ein wenig hügelig und kurvig. Es fühlt sich einfach grandios an und der Blick über die umliegenden Berge, gekrönt von ein paar Zuckerwattewölkchen oder auf den gefrorenen Torneträsk macht das Erlebnis perfekt. Nach rund 8 Kilometern halten wir an und binden die Schlitten fest. Die Hunde finden das gar nicht so spaßig und wollen viel lieber weiterrennen, aber sie fügen sich letztlich. Wir bekommen heißen Blaubeersaft (leckerer als es klingt) und tauen die mittlerweile eingefrorenen Zehen mit etwas Bewegung wieder auf. Dann folgt eine kleine Foto-Session und ein bisschen Spielen mit den Hunden.
Inzwischen ist aus den Zuckerwattewölkchen eine ganz anständige Wolkendecke geworden und ein leichter Wind kommt auf. Wir packen also zusammen, und jeder stapft zu seinem Schlitten zurück. Die Hunde drehen wieder völlig durch, weil ihnen klar ist, dass es jetzt endlich weiter geht. Beim Start kommt es zu einem kleinen Missgeschick, als die Hunde einer englischen Mitstreiterin ohne sie loslaufen. Ich wundere mich noch, warum mich da jemand überholt und nicht ordentlich in Reihe bleibt, als plötzlich ein leerer Schlitten an mir vorbeifährt. Die Hunde rennen mitten in die vor ihnen laufenden und es gibt ein heilloses Durcheinander. Der Guide wird… nun ja… fuchsteufelswild und sortiert die Tiere wieder auseinander. Dann starten wir noch einmal inklusive aller Mitstreiter und alles ist gut, bis kurz darauf ein schottischer Mitstreiter in der Kurve mitsamt seinem Schlippen umkippt. Ooops. Also alles wieder einsortieren, Hunde so lange still halten, bis sie selbst mit loslaufen an der Reihe sind (sie hassen es) und dann ist tatsächlich alles gut. Na ja jedenfalls für die Hunde. Die stören sich nämlich nicht daran, dass es immer kälter wird und jetzt auch noch ein leichter Sturm aufkommt. Bei gefühlten -36°C (Einschätzung des Guides, dem kann ich aber nur zustimmen) beim Überqueren einer Ebene, als der Sturm uns den Schnee ins Gesicht peitscht, fürchte ich kurz um meine Nase und meine Wangen. Mehr von mir guckt zum Glück nicht aus den Klamotten (die übrigens wirklich warm halten), aber das reicht, um diese Stellen innerhalb von Sekunden tieffrieren zu lassen. Der Atem schlägt sich an Kapuzenfell und Haaren sofort als Eis nieder. Die Landschaft rundherum versinkt in einem milchigen Weiß und die Hunde reißen weiter fröhlich die 12 Kilometer des Rückwegs ab. Auch als der Schneesturm auf der nächsten Ebene Schlitten und Hunde diverse Meter zur Seite drückt. Wir sind unglaublich froh, die Tour gleich am Vormittag gemacht zu haben. Nach uns sind nämlich die dran, die nicht selbst fahren, sondern sich fahren lassen. Da hätte ich ja bei dem Wetter so richtig Lust drauf ;-)
Als wir wieder angekommen sind, schirren wir die Hunde wieder ab. Ihr Fell ist teilweise vom Atem tiefgefroren, aber sie rollen sich trotzdem erstmal durch den Schnee. Diese Hitze ist ja auch unerträglich ;-) Wir hingegen verabschieden uns und verschwinden erst einmal in unsere Hütte. Dann wird geduscht und während draußen der Schneesturm immer heftiger wird und wir uns fühlen wie die drei kleinen Schweinchen, deren Häuser vom Wind weggepustet werden, lassen wir den Nachmittag faul (aber warm!) verstreichen. Nach Nordlichtern sieht es heute bei der Bewölkungslage nicht aus.
Zum Abendessen wagen wir uns noch einmal hinaus in das Schneetreiben – wir wollen eins der örtlichen Restaurants ausprobieren. Wir wählen den Elchburger aus der Menükarte und freuen uns des Lebens. Da es im Restaurant aber eher frisch ist (und das, obwohl wir Skihosen anhaben und die Fleecepullis drüber), werden wir nicht allzu alt. Auf dem Heimweg stellen wir fest, dass wir in einem Wolkenloch ein paar Sterne blitzen sehen können. Nordlichter sind jedoch nicht auszumachen und so kämpfen wir uns nach Hause. Einmal müssen wir eine Pause einlegen, weil der Sturm droht, uns von den Füßen zu holen und wir uns lieber mit dem Rücken zum Schneetreiben stellen. Doch dann ist es geschafft und wir sitzen satt und zufrieden wieder im Warmen.