Aufstieg, Aufstieg, noch mehr Aufstieg. Die Torres hautnah. Der erste Teil des W.

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Die Torres del Paine
Die Torres del Paine

Wir werden wach und machen folgende Feststellungen: die Sonne scheint auch heute wieder, es gibt noch immer keinen wirklichen Wind und die Nacht im Zelt war erstaunlich bequem. Nach dem Waschen und Zähneputzen bauen wir als erstes das Zelt ab und verpacken all unser Gepäck in den Rucksäcken. Anschließend setzen wir uns marschfertig zum Frühstück ins Hostal. Hier bekommen wir ein Tablett mit einer kleinen Schale Cornflakes, einem Glas Saft, einer Tasse Kaffee, einem Teller mit Toast, einem Teller mit Schinken und Käse und einer Schale Rührei. Wir sind hinterher pappsatt und tauschen unsere letzten Essensmarken noch gegen Lunchpakete ein. Auch hier wieder eine positive Überraschung: Inhalt sind ein riesiges Sandwich (mit Schinken, Käse und Thunfisch), eine kleine Tüte Studentenfutter, ein Müsliriegel, eine kleine Tafel Schokolade, ein Apfel bzw. eine Birne und eine Flasche Wasser. Es sieht aus, als würden wir die Notfall-Kekse (Panzerplatten), die wir noch mitgenommen haben, nicht brauchen. Wir treffen noch einmal auf den Hotelshuttle und damit die nette Dame, die sich wegen des GPS erkundigen wollte, aber auch heute hat sie keine guten Nachrichten für uns und so schreiben wir das Gerät endgültig ab und machen uns „orientierungslos“ auf den Weg. Dieser ist zum Glück gut ausgeschildert (abgesehen davon mangelt es auch an Alternativen, um sich zu verlaufen).

Wir laufen zunächst auf halbwegs ebenem Weg an einem weiteren Hostal vorbei und gelangen dann an eine Brücke (die erste von vielen, die wir in den nächsten Tagen noch überqueren werden). Es handelt sich hier um eine Hängebrücke, die Mama zum schaukeln animiert und mich zum lieber schnell drüberlaufen.

Auf der  Hängebrücke
Auf der Hängebrücke

Direkt hinter der Brücke biegen wir von dem schön eben verlaufenden Weg rechts ab – unter sengender Sonne mitten hinein in die Berge. Hier beginnen nun drei Stunden (gefühlte sechs) reinen Aufstiegs. Irgendwann unterwegs nimmt der Rucksack unerklärlich an Gewicht zu und auch hier treffen wir wieder auf einen kleinen Motivationskünstler, der uns die „Ihr habt es schon fast geschafft“-Lüge auftischt.

Der Rucksack scheint unterwegs schwerer zu werden
Der Rucksack scheint unterwegs schwerer zu werden

Zum Glück stehen am Wegesrand unzählige kleine und große Blumen, die man natürlich alle (notfalls mehrfach) genau anschauen und fotografieren muss. Ist ja klar, dass man dafür anhalten muss – rein von der Kondition her hätten wir natürlich in einem Rutsch durchlaufen können.

Eine  Orchideenart?
Eine Orchideenart?

Trotz aller Anstrengung ist der Weg aber einfach wunderschön. Er windet sich tief in einen Taleinschnitt hinein und gelangt dabei immer höher in die Berge. Gegen 11:30 Uhr haben wir es dann geschafft – wir sind im Refugio El Chileno angekommen. Hier beschließen wir, zunächst unser Zelt aufzubauen und erst danach weiterzulaufen. Wie sich herausstellt, ist das eine sehr gute Entscheidung, denn die Anzahl brauchbarer Zeltplätze hält sich massiv in Grenzen. Das Camp ist an einem Fluss gelegen, der durch das Tal fließt – und zwischen dem Fluss und der ansteigenden Bergwand ist nur sehr wenig Platz. Daher wurden verschiedene hölzerne Plattformen angefertigt, auf die man sein Zelt aufbauen kann. Diese scheinen aber nur für Iglu-Zelte oder maximal noch Geodäte geeignet zu sein, so dass wir uns mit unserem Tunnelzelt lieber auf den einzigen noch freien Platz direkt neben dem Weg, aber dafür auf natürlichen Boden stellen. Heute kommen wir schon deutlich besser zurecht und sind nach einer halben Stunde fertig.

Unser Zelt auf dem Campamento El Chileno
Unser Zelt auf dem Campamento El Chileno

Nun ist es Zeit für eine kleine Mittagspause und so setzen wir uns an einen Tisch vor dem Refugio und essen einen Apfel. Anschließend starten wir, mit nur einem kleinen Tagesrucksack bepackt, den weiteren Aufstieg zum Mirador Las Torres. Der Weg führt zunächst angenehm durch Wald (die Steigungen sind ohne Gepäck plötzlich gar nicht mehr so schlimm) und wir gönnen uns auf einem umgefallenen Baumstamm eine weitere Pause, in der wir das Sandwich aus dem Lunchpaket testen. Später ändert sich der Weg und führt ein ganzes Stück über ein riesiges Geröllfeld immer bergauf. Hier wird es plötzlich kühler und der Wind nimmt so weit oben und so ausgesetzt auch deutlich zu. Wir ziehen also unsere Jacken über und stapfen weiter bergauf – bis wir plötzlich über den Bergrand sehen und sie in voller Pracht vor uns sehen: die Torres! Wir haben es geschafft!

Wir haben es geschafft - und sie gesehen!
Wir haben es geschafft – und sie gesehen!

Wir können uns kaum satt sehen und gönnen uns eine kleine Belohnungsschokolade. Außerdem können wir unser Wetter-Glück kaum fassen, denn die Torres stehen völlig klar und ohne eine Wolke, die sich davorschiebt, vor uns. Dann wird es trotzdem irgendwann frisch und wir machen uns notgedrungen wieder auf den Rückweg. Dieser ist trotz des Geröllfeldes weniger fies als befürchtet und so bleibt sogar noch Gelegenheit für eine kleine Bergrettungs-Aktion:

Der darf nicht runterrollen!
Der darf nicht runterrollen!

Als wir fast wieder zurück im Refugio El Chileno sind, bemerken wir sogar ein paar vereinzelte Regentropfen. Wir lassen uns davon aber nicht stören, sondern genehmigen uns im Refugio eine Tasse heißer Schokoloade, um die Zeit bis zum Abendessen zu überbrücken. Dabei kommen wir ins Gespräch mit Norman aus den USA, der ebenfalls das W läuft. Zum Essen gibt es dann eine Hühnersuppe, Bouletten mit Quinoa und eine Art Himbeer-Kaltschale. Wir quatschen noch eine Weile mit den anderen Wanderern und schreiben etwas Tagebuch. Danach verkriechen wir uns in unser Zelt und freuen uns, dass es zumindest Wind-technisch wieder eine ruhige Nacht zu werden scheint.

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